Geschichtliche und technische Hintergründe
Der Tischfernsprecher W48 war der zweite deutsche Nachkriegsfernsprecher der ehem. Deutschen Post in Westdeutschland (ab 1950 Deutsche Bundespost). Er wurde in sehr großen Stückzahlen produziert und stellte eine Weiterentwicklung des Reichspost-W38 dar. Äußerlich gleicht er seinem Vorgänger bis auf die Mikrofoneinsprache am Handapparat. Diese war beim W38 trichterförmig mit Schlitzen, beim W48 flach mit kreisförmig angeordneten Löchern. Urvater und Wegbereiter des W38 und W48 war das sogenannte "Modell 36" von Siemens & Halske aus dem Jahr 1936, welches aufgrund technischer Unzulänglichkeiten keine Postzulassung bekam. Die Bezeichnung "W48" war posttypisch und bedeutet "Wählfernsprecher mit dem Einführungsjahr 1948".
Neben der standardmäßigen Ausführung des W48 mit schwarzem Bakelitgehäuse wurde die Farbe Elfenbein auf besonderen Wunsch angeboten. Telefonapparate konnte man damals als Privatperson nicht wie heute beliebig kaufen und selbst anschließen, sondern sie waren Eigentum der Deutschen Bundespost. Sie durften ausschließlich von der Post aufgestellt und angeschlossen werden, jeder Eingriff vom Teilnehmer war strengstens untersagt. Die Post hatte bis ins Jahr 1989 das Monopol über den Telefondienst und vermietete die Apparate gegen eine monatliche Gebühr. Sonderwünsche kosteten mehr, für den W48 in Elfenbein kam ein monatlicher Entgeltzuschlag von ca. 1,80-2,30 DM (0,92 €-1,18 €) dazu. Diese "bessere" Ausführung war meist in Arztpraxen, Anwaltskanzleien, Hotels und als "Statussymbol" in gut begüterten Privathaushalten anzutreffen. Ein privater Telefonanschluß ansich war in der 1950er- und 60er-Jahren noch ein gewisser Luxus, den sich längst nicht jeder Haushalt leisten konnte. Erst ab der ersten Hälfte der 1970er-Jahre stieg die Anzahl privater Anschlüsse deutlich an, das Telefon war auf dem Weg zum alltäglichen Gebrauchsgegenstand für jedermann.
Der W48 wurde bis 1963 hergestellt, sein Nachfolger war der anfangs nur in "kieselgrau" produzierte FeTAp 611. Benutzte, zurückgenommene W48 wurden ca. noch bis ins Jahr 1967 von der Post technisch überholt, optisch aufbereitet und beim Teilnehmer wieder neu angeschlossen, zunächst parallel zum Nachfolgermodell. Man sah den W48 vereinzelt bis in die 1980er-Jahre am öffentlichen Netz der Deutschen Bundespost in Betrieb. Zahlreiche Exemplare wurden nach ihrem "Ruhestand" von der Post nicht entsorgt, man gab sie an Mitarbeiter und Interessenten ab. Das erklärt auch die große Anzahl der noch existierenden Apparate. Heute ist der W48 für Liebhaber und Sammler der Inbegriff des "klassischen Telefons" in Deutschland schlechthin geworden und erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit. Ein technisch intakter W48 kann noch einwandfrei in Betrieb genommen werden, allerdings bieten heute die verschiedenen Provider wie z.B. die Deutsche Telekom keine analogen Telefonanschlüsse mehr an. Man kann den Apparat aber via VoIP an einem modernen Internet-Router mit Anschluß für analoge Telefone betreiben, der das traditionelle Impulswahlverfahren (IWV) unterstützt. Dazu gehören beispielsweise die Fritz!Boxen des Berliner Herstellers AVM. Falls nicht, gibt es Wahlumsetzer (Konverter) zu kaufen, die auf elektronischem Weg die Wählimpulse in Töne für das Mehrfrequenzverfahren (MFV) umwandeln und einfach zwischen W48 und Router geschaltet werden. Auch eine impulswahlfähige Telefonanlage kann zum Anschluß eines W48 über einen Router verwendet werden.
Anläßlich des Jubiläums "500 Jahre Post" im Jahr 1990 wurde von den Wilhelm Heibl Werken GmbH & Co. KG, Selbitz und von Friedrich Reiner GmbH & Co. KG in Landau an der Isar (Telefonmanufaktur.de) eine originalgetreue Neuauflage des W48 hergestellt, die man bei der Deutschen Bundespost TELEKOM für ca. 250,00 DM (127,82 €) käuflich erwerben konnte. Das Modell von Heibl war nur eine Auflage in begrenzter Stückzahl, Reiner produziert den Nachbauapparat aufgrund seiner Beliebtheit bis in die Gegenwart, inzwischen seit über 30 Jahren (das Originalmodell wurde nur 15 Jahre hergestellt). Die Gehäuseteile werden laut Hersteller immer noch aus dem ursprünglichen Werkstoff in den Originalpressen gefertigt. Das Innenleben beider Nachbauten allerdings ist modern als gedruckte Schaltung auf einer Platine aufgelötet, auch ist statt der heute nicht mehr zeitgemäßen Kohlesprechkapsel eine verschleißfreie, dynamische Transistor-Sprechkapsel mit wesentlich besserer Sprachqualität eingebaut (die sich auch ohne weiteres beim Originalmodell nachrüsten läßt). Äußerlich sind die Nachbauten vom Original nur durch einen Blick auf die Bodenplatte zu unterscheiden.
Gebrauchte Originalmodelle des W48 sind noch problemlos und zahlreich erhältlich, bei manchen ist allerdings das Bakelit in einem schlechten Zustand (schwarze Modelle matt, fleckig und rau - elfenbeinfarbige teilweise schneeweiß ausgeblichen), oft bedingt durch Lagerung über Jahrzehnte in feuchten Kellern oder auf im Sommer sehr heißen Dachböden. Man bekommt so gut wie alle Ersatzteile, vieles auf dem Gebrauchtmarkt und auch Neuteile aus Lagerrestbeständen von Firmen.
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